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Warum Vereinbarkeit im Job immer wichtiger wird

Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, ist noch immer eine Herausforderung. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern hier viel Freiheit geben, haben es entsprechend leichter, motivierte Fachkräfte zu gewinnen. Foto: Adobestock

Wer auch für das Leben neben dem Beruf noch ausreichend Zeit hat, ist loyaler, motivierter und sogar gesünder. Unternehmen, die das erkennen, haben einen klaren Vorteil bei der Gewinnung von Fachkräften.

Man lebt nicht nur, um zu arbeiten. Trotzdem nimmt die Arbeit einen großen Teil des Lebens ein. Ein Vollzeitjob, zu dem noch eine knappe Stunde einfacher Fahrtweg gehört – durchaus keine Seltenheit vor allem in den strukturschwächeren Regionen -, hat automatisch zur Folge, dass für das Leben neben der Arbeit kaum noch Zeit bleibt. Weil sich sowohl die Arbeit an sich als auch die Ansprüche der Menschen verändern, ist das zunehmend ein Problem. Wer einen Job hat, der sich auch problemlos von daheim aus erledigen lässt, sieht oft nicht mehr ein, den größten Teil seines Tages auf der Straße und im Büro zu verbringen. Auch mit starren Arbeitszeitmodellen und ausgeprägten Hierarchien kann man vor allem jüngere Bewerber heute nicht mehr überzeugen.

Wo immer mehr Fachkräfte fehlen, müssen Unternehmen umdenken. Und das tun sie durchaus. In drei von vier Unternehmen mit einer Fachkräftesicherungsstrategie steht das Thema Vereinbarkeit ganz oben auf der Prioritätenliste. Das ergab die jüngste Erhebung des Unternehmensmonitors Familienfreundlichkeit, der vom Bundesfamilienministerium herausgegeben wird und mit dem seit 2003 untersucht wird, wie sich die Arbeitswelt auf die Bedürfnisse der Beschäftigten einstellt – oder eben nicht.

Bessere Chancen mit höheren Bildungsabschlüssen

„Nicht“ ist allerdings in Zeiten des Fachkräftemangels keine Option mehr. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice beziehungsweise hybride Arbeitsmodelle, Teilzeit und Jobsharing sind heute in vielen Betrieben möglich. Allerdings längst nicht für alle Branchen. Viele der Möglichkeiten der schönen neuen Arbeitswelt gelten „vor allem für einen Teil der Wirtschaft, nämlich für die Arbeitsweise von Angestellten, Beschäftigten mit höherer Bildung und Einkommen, in Bereichen wie Management, IT, Finanzen und Recht sowie in Industrieländern mit hohen Einkommen“, so die Politikwissenschaftler Daniel Lorberg und Holger Janusch, die die Veränderungen in der Arbeitswelt seit Beginn der Corona-Pandemie untersucht haben. Zurückdrehen kann man die Entwicklung nicht, auch wenn es Unternehmen gibt, die medienwirksam zur Rückkehr ins Präsenzbüro fordern. Rund 82 Prozent aller Beschäftigten empfinden laut dem Unternehmensmonitor die Vereinbarkeit ihrer Arbeitszeiten mit familiären und sozialen Verpflichtungen außerhalb ihres Berufs im Allgemeinen als „sehr gut“ oder „gut“. Dort, wo das nicht der Fall ist, ist die Bereitschaft, den Job oder den Arbeitgeber zu wechseln, hoch.

Vereinbarkeit beginnt nicht erst mit dem Arbeitsvertrag

Vereinbarkeit, und dieser Aspekt wird öfter vergessen, beginnt indes nicht erst am ersten Arbeitstag. Sie fängt bereits in der Ausbildung und im Studium an, also dort, wo im besten Fall auch die Motivation für den Start ins Berufsleben geweckt und gestärkt wird. Auch hier haben viele Unternehmen, Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen inzwischen Möglichkeiten geschaffen. So wurde etwa die Fachhochschule Meißen kurz vor dem Jahreswechsel für die strategische Gestaltung ihrer familiengerechten Arbeits- und Studienbedingungen mit dem Zertifikat zum “audit familiengerechte hochschule” ausgezeichnet – und das bereits zum zweiten Mal. Vergeben wurde es vom Kuratorium der berufundfamilie Service GmbH. Im Zuge dieser so genannten Re-Auditierung wurden „nicht nur strategische Ziele, sondern auch konkrete Maßnahmen definiert, die in einer Zielvereinbarung festgehalten sind“, informiert die Hochschule. Diese gelte es nun zu realisieren. Eine Dienstvereinbarung regelt an der Fachhochschule zum Beispiel die Flexibilität der Arbeitszeit. Es gibt Optionen fürs mobile Arbeiten, das Angebot von Führungspositionen in Teilzeit zu besetzen, und Netzwerke, die auch psychosoziale Beratungen ermöglichen.

Wer sein Leben auch abseits der beruflichen Verpflichtungen gemäß den eigenen Wünschen und Bedürfnisse leben kann, ist im Durchschnitt motivierter, leistungsstärker und nachweislich physisch und psychisch gesünder. Ermöglichen Unternehmen ihren Mitarbeitern genau das, sind Letztere überdies deutlich loyaler ihrem Arbeitgeber gegenüber. Eine Win-Win-Situation – gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.