Nicht ohne meine Eltern?
Von der Idee zur eigenen Firma – Gründerinnen und Gründer brauchen Mut, aber auch Geld, Kontakte und gute Vorbilder. Hier spielt das Elternhaus eine große Rolle. Foto: Adobestock
Überdurchschnittlich viele Gründer kommen aus einem akademischen Elternhaus oder haben Mütter und Väter, die bereits Unternehmen führen. Eine Studie zeigt, dass diese Vorbilder und Netzwerke großen Einfluss haben. Sogar darauf, wie viele Jobs Gründer später schaffen.
Es gibt Erfindungen, Produkte und Dienstleistungen, bei denen sich die Frage fast aufdrängt: Wieso ist das vorher noch niemandem eingefallen? Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ist es das sogar. Aber damit aus einer Idee ein Projekt, aus einem Projekt ein Businessplan und aus einem Businessplan eine Gründergeschichte wird, braucht es viel mehr als Einfallsreichtum. Natürlich geht es beim Gründen immer auch um Geld, aber fast noch wichtiger sind Vorbilder und stabile Netzwerke. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Start-up-Verband. 1.800 Gründerinnen und Gründer wurden dafür befragt. Am Ende stellte sich heraus, dass die Mehrheit von ihnen aus Akademikerhaushalten kommt. Konkret haben 53 Prozent der Väter und 38 Prozent der Mütter einen Hochschulabschluss. Der Akademikeranteil an der Bevölkerung liegt im Durchschnitt bei gerade einmal 21 Prozent bei den Männern und 15 Prozent bei den Frauen. Im Gründermilieu selbst haben 85 Prozent aller angehenden Unternehmer und Unternehmerinnen einen Hochschulabschluss in der Tasche. Dass Bildung die Chancen auf beruflichen Erfolg deutlich verbessert, ist kein Geheimnis. Noch stärker als formale Abschlüsse wirken beim Thema Gründung offenbar Vorbilder. Bei 38 Prozent der in der Studie befragten Gründer war mindestens ein Elternteil selbstständig – 24 Prozent haben selbst eine Zeit lang oder dauerhaft Unternehmen mit Angestellten geführt.
Schon früh in der Gründung bestärkt
Wer bereits als Kind erlebt, dass dieses Modell funktionieren kann, wie man Verantwortung trägt und Krisen meistert, bekommt einerseits ein gutes Gefühl für die Herausforderungen des Unternehmertums, andererseits lernt er auch, wie man damit umgeht. Dazu kommt: Unternehmer haben in der der Regel gute Netzwerke. Sie können Aufgaben delegieren, mit anderen zusammenarbeiten, kennen immer jemanden, der jemanden kennt. Wer all das nicht hat, fühlt sich – gute Idee hin oder her – oft erschlagen von der Vielzahl der im Vorfeld einer Firmengründung zu klärenden Fragen. Welche Bank unterstützt? Wo findet man eventuelle Förderungen? Wer hilft bei juristischen Fragen, beim Schutz von Markenrechten, bei der Einstellung von Mitarbeitern oder der Suche nach Produktions- und Büroräumen? Natürlich gibt es Hilfen – in Sachsen zum Beispiel den InnoStartBonus oder die Gründerberatungen in Universitäten, Arbeitsagenturen oder Technologie- und Gründerzentren – aber wer ganz ohne persönliches Netzwerk in die Welt der Selbstständigkeit startet, fühlt sich schnell verloren. „Unsere Studie zeigt, wie wichtig Vorbilder, Netzwerke und persönliche Unterstützung für Start-up-Gründer:innen sind“, so Franziska Teubert, Geschäftsführerin beim Start-up-Verband. Ganz zentral seien unternehmerische Vorbilder. „Bisher inspirieren häufig die Eltern junge Menschen für eine unternehmerische Laufbahn. Das ist wichtig, aber um unser Potenzial auszuschöpfen, sollten wir Vorbilder in Schulen und Gesellschaft sichtbarer machen. Dann begeistern wir mehr junge Menschen fürs Gründen und schaffen erste Kontaktpunkte“, so Franziska Teubert weiter.
Zwei Drittel der Gründer aus Unternehmerfamilien gaben in der Studie an, dass sie dank ihres familiären Umfeldes Kontakt zu anderen Unternehmern erhalten haben. Zudem bestärken Eltern mit entsprechendem Hintergrund ihren Nachwuchs oft, während Mütter und Väter ohne Unternehmer-Background mangels eigener Erfahrungen eher zur Vorsicht und dem vermeintlich sicheren Angestelltenverhältnis raten.
Denn natürlich geht es beim Gründen auch ums Geld. 70 Prozent der Befragten waren sich sicher, dass ihre Eltern ihnen in einer finanziell schwierigen Situation helfen würden. Was natürlich zuerst heißt, dass sie auch die Ressourcen haben, um im Zweifel einzuspringen. „Bei Kindern aus Arbeiterfamilien beträgt der Wert nur noch 14 Prozent“, heißt es in der Auswertung der Studie Zudem hätten Gründer mit Unternehmereltern häufiger bereits externes Kapital eingesammelt, sie beschäftigen im Schnitt später auch etwa doppelt so viele Mitarbeiter.
Zahlen, die vor allem eines zeigen: Nur in der Theorie kann jeder gründen. Wer das ohne familiäre Unterstützung – sei es durch Wissen, Kontakte oder Geld – versucht, muss deutlich mehr Hürden nehmen.
Wer es allerdings geschafft hat, auch das zeigt die Befragung, hat dauerhaft Mut in Sachen Unternehmertum geschöpft. Unabhängig von der sozialen Herkunft wollen neun von zehn Gründer bzw. Gründerinnen nach der aktuellen Gründung wieder ein neues Start-up aufbauen. „Auch beim Thema Mindset und der Bereitschaft, groß zu denken“, zeigten sich zwischen den Gruppen kaum Unterschiede. „Erfolgreiche Start-ups sind also ein Hebel, um mehr Chancengerechtigkeit in der Wirtschaft zu schaffen“, sagt Julia Scheerer von der Bertelsmann-Stiftung. Bis die tatsächlich erreicht ist, dürfte es aber noch dauern.