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Wenn Mobbing am Arbeitsplatz krank macht

Tägliche Kritik und Bloßstellung – oder komplette Ignoranz: Mobbing im Job kann sich unterschiedlich zeigen. In jedem Fall ist der Arbeitgeber in der Pflicht, klar Position zu beziehen. Foto: Adobestock

Der aktuelle Mobbing-Report zeigt, wer besonders betroffen ist und was Unternehmen tun können, um gegenzusteuern.

Von Annett Kschieschan

Die Einladung zu einem wichtigen Meeting kommt nicht an, der eigene Name fehlt plötzlich in der langen erarbeiteten Präsentation, von der Geburtstagsrunde des Kollegen wird erst im Nachhinein erzählt… Wie wird Nachlässigkeit zur Methode? Wann wird aus einem unbehaglichen Gefühl die Gewissheit, gemobbt zu werden? Mobbing am Arbeitsplatz ist kein Nischenthema. Es hat nichts mit Überempfindlichkeit zu tun. Wohl aber mit gesundheitlicher Belastung, mit mehr Fehltagen, mit Frust und Enttäuschung – und irgendwann mit der nächsten Kündigung. Eine Entwicklung, die sich Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels noch weniger leisten können als ohnehin schon. Denn Betriebe, in denen Mitarbeiter ausgegrenzt und erniedrigt werden, haben zuallererst ein Imageproblem. Insgesamt gaben 6,5 Prozent der Befragten gaben in der Untersuchung für den Mobbing-Report 2024 an, dass sie sich innerhalb der letzten sechs Monate vor der Befragung mindestens wöchentlich durch Kollegen oder Kolleginnen beziehungsweise Vorgesetzte zu Unrecht kritisiert, schikaniert oder vor anderen bloßgestellt gefühlt haben. Für den Report, den das Bundesarbeitsministerium gemeinsam mit einem entsprechenden Forschungsbericht der Uni Leipzig herausgegeben hat, sind rund 5.000 Beschäftigte aus dem gesamten Bundesgebiet befragt worden.

Sozioökonomischer Status ist oft ausschlaggebend

Ein Ergebnis: Wer gerade erst am Anfang seiner beruflichen Laufbahn steht oder einer weniger qualifizierten Tätigkeit nachgeht, ist häufiger von Mobbing betroffen. Offenbar ist der sozioökonomische Status in Mobbing-Situationen entscheidend. Täter suchen sich vermeintlich „leichte Opfer“: Den Azubi, der sich nicht traut, gegen das Mobbing aktiv zu werden, den Leiharbeiter, der weniger verdient als seine Kollegen. Auch Menschen mit Migrationshintergrund berichten öfter von Mobbingerfahrungen. Betroffen sind Männer und Frauen in fast gleichem Maße. „Insgesamt gaben 7,1 Prozent der weiblichen und 6,0 Prozent der männlichen Befragten an, im letzten halben Jahr mindestens wöchentlich von Mobbing betroffen gewesen zu sein“, heißt es in der Studienauswertung. Der Unterschied wird von den Forschern als nicht signifikant bewertet.

Wichtig sind dagegen die Bedingungen, unter denen Beschäftigte arbeiten. Steigen Zeit- und Leistungsdruck, müssen immer weniger Mitarbeiter mehr Aufträge stemmen oder stehen betriebsbedingte Entlassungen an, schafft das den Nährboden für Mobbing. Zukunfts- oder Versagensängste können dazu führen, dass Mitarbeiter „nach unten treten“, sich also ein Mobbingopfer suchen. Spätestens hier müsste die Führungsebene reagieren. Aber gerade in Unternehmen, die von starken Umstrukturierungen betroffen sind, attestieren die Mitarbeiter ihren Vorgesetzten oft Führungsschwäche. Auch das bestätigt der Mobbingreport.

Schmerzen, Depressionen und Suchtprobleme

Die Folgen gehen weit über ein schlechtes Betriebsklima hinaus. Mobbing macht krank. Die Wissenschaftler nennen hier „Nervosität, Unwohlsein, Kopfschmerzen, Tinnitus, Magenprobleme, Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, aber auch Alkohol- oder Suchtprobleme.“ Mobbingbetroffene melden sich demnach im Durchschnitt doppelt so häufig krank wie Mitarbeiter, die nicht gemobbt werden. Neben der körperlichen leidet vor allem auch die psychische Gesundheit. Wer seine ganze Kraft braucht, um den Arbeitstag unter mobbenden Kollegen zu überstehen, hat kaum noch Ressourcen für seinen eigentlichen Job. Depressionen und Ängste können die Folge sein.

Die Auswirkungen sind längst auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene angekommen, weshalb seit Jahren verstärkt gegen Mobbing vorgegangen wird. Diverse Programme der Bundesregierung, der Versicherungsträger und Gewerkschaften machen Front gegen Mobbing am Arbeitsplatz. Zuerst bleiben aber die Unternehmen in der Pflicht. Daran lässt auch der jüngste Mobbing-Report keinen Zweifel. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement kann hier helfen, schließlich sind die gravierenden Folgen von Mobbing für die Gesundheit der Betroffenen nachgewiesen. Vor allem aber gelte es, klare Botschaften zu senden und diese im Ernstfall auch umzusetzen. Zum Beispiel, indem bei nachgewiesenem Mobbing der Täter das Unternehmen verlassen muss – mit einem entsprechenden Arbeitszeugnis.

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