Teamwork braucht Offenheit
Immer mehr Aufgaben und am Ende nur Kritik? Auch so kann Mobbing am Arbeitsplatz aussehen. Fotos: Adobestock
Gerüchte, vermeintlich vergessene Meeting-Einladungen, Ideenklau – jeder zehnte Arbeitnehmer erlebt das irgendwann im Job. Was Unternehmen tun können, damit aus einem Konflikt kein Teamwork-Killer wird.
Teamwork makes the dream work“. Dieses Sprichwort – es wird dem amerikanischen Autor John C. Maxwell zugeschrieben, der 2002 ein gleichnamiges Buch veröffentlich hat – dürfte vielen im Arbeitsleben nicht nur einmal untergekommen sein. Es macht sich gut in Unternehmenspräsentationen, bei Bewerbungsgesprächen und der Vorbereitung neuer Projekte. Und im Grunde ist die Botschaft dahinter ja auch tatsächlich positiv: Wenn man sich gemeinsam für eine Sache engagiert, ist der Erfolg wahrscheinlicher, als wenn viele Einzelkämpfer am Start sind. Aber was, wenn Teamwork im Job nur Fassade ist?
Eine Untersuchung der Personalberatungsfirma Metaberatung hat bereits vor einigen Jahren ergeben, dass es in vielen Teams insgeheim oft eher brodelt. So gaben 44 Prozent der befragten Mitarbeiter an, dass sie schon einmal erlebt haben, dass ein Kollege oder eine Kollegin ihre während einer Teamarbeit entwickelte Idee vor den Vorgesetzten als eigene ausgegeben hat. Vorenthaltene Informationen oder kurzfristige Meetings, bei denen „zufällig“ eine Person vergessen wurde – solche Erfahrungen sind keine Seltenheit. Sie führen zu Verunsicherung, Frust und irgendwann oft auch zur Kündigung. Ein Umstand, den sich Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels noch viel weniger leisten können als noch vor einigen Jahren.
Arbeitnehmer sind selbstbewusster
Deshalb raten Arbeitspsychologen dazu, Anzeichen für schlechte Stimmung im Team frühzeitig ernst zu nehmen. Nicht selten entwickeln sich aus anfänglich kleinen Unstimmigkeiten Mobbingsituationen, die oft nur schwer aufzulösen sind. Beim Robert-Koch-Institut geht man davon aus, dass knapp zehn Prozent aller deutschen Arbeitnehmer im Job Erfahrungen mit Mobbing oder anderen Formen psychischer Übergriffe machen. Die europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) sieht „Arbeitsplätze mit besonders hohen Anforderungen und besonders geringen Handlungsspielräumen“ als besonders gefährdet an. Oft werde Druck über passiv-aggressives Verhalten, üble Nachrede beziehungsweise Mobbing weitergegeben. Laut der Agentur sind rund 40 Prozent der Führungskräfte europaweit mit Beleidigungen bis hin zu psychischer Gewalt konfrontiert.
Die vielfältigen Krisen der vergangenen Jahre haben zusätzlich für große Verunsicherung und bisweilen auch für ein höheres Aggressionspotenzial gesorgt. Andererseits hat die Wandlung des Arbeitsmarktes Bewerber anspruchsvoller gemacht. „Der Arbeitsmarkt ist jetzt ein Arbeitnehmer*innen-Markt. Entsprechend selbstbewusst sind Jobsuchende und entsprechend hoch sind ihre Erwartungen an das Einstellungsverfahren“, so etwa Dr. Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte bei der Personalvermittlung Stepstone. Das heißt auch: Mitarbeiter lassen sich weniger gefallen. Schlechte Stimmung im Team – selbst ohne dramatische Mobbingerfahrung – kann schnell zum entscheidenden Kündigungsgrund werden.
Teamleiter sollten Missstimmungen deshalb schnell ansprechen – in einem ruhigen Umfeld und ohne Vorwürfe. Manchmal ist tatsächlich ein Missverständnis die Ursache für wochenlange Verstimmungen. Gibt es ernsthafte Zerwürfnisse, müsse es auch hier an die Ursachenforschung gehen. Gibt es ein Teammitglied, das Kollegen bewusst gegeneinander ausspielt, um am Ende vielleicht die Konkurrenz um eine begehrte Aufstiegsposition abzudrängen? Hier raten Experten zu klaren Worten – Fachkräftemangel hin oder her. Sieht ein Unruhestifter seine Fehler nicht ein und ändert sein Verhalten, sei eine Kündigung angebracht.
Mediation kann unterstützen
Das freilich sollte der letzte Weg sein. Ein anderer führt über die Mediation, die zunehmend auch ganz konkret für Unternehmen angeboten wird. Dafür kommen externe Mediatoren, in der Regel Psychologen, ins Team, analysieren die Situation und versuchen, tragbare Lösungen für alle Beteiligten zu finden. Als neutrale Beobachter können sie die Ursache für Konflikte oft deutlicher erkennen als Mitarbeiter und Führungskräfte.
Wichtig ist demnach, dass das Interesse an einer Lösung des Konflikts in konkrete Handlungen umgesetzt wird. Und dass im Team und im Unternehmen insgesamt Wert auf Transparenz und offene Kommunikation gelegt wird. So lassen sich Mobbingsituationen mit etwas Glück im Kern auflösen und dem Teamwork, das Erfolg erst möglich macht, steht hoffentlich nichts mehr im Wege.