Über das Gehalt sprechen: Erlaubt oder verboten?
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„Über Geld spricht man nicht!“ – Diese Antwort erhalten viele, wenn sie versuchen, mit ihren Kollegen über das Gehalt zu sprechen. Ist es aber wirklich verboten über das Gehalt zu sprechen oder handelt es sich um einen tief verankerten Irrglauben?
Gründe, warum die Deutschen nicht über das Gehalt sprechen
Faktisch spielen Arbeitnehmer, die nicht über ihr Gehalt sprechen, den Arbeitgebern in die Hände. Wer nicht weiß, dass er schlechter bezahlt wird, hat auch keinen Grund mehr Gehalt zu verlangen. Über das Gehalt zu sprechen, fällt vielen schwer. So ist es wenig verwunderlich, dass 40 Prozent der Deutschen nicht wissen, was ihr Partner verdient. Die Gründe über das Schweigen sind vielfältig:
- Unmut unter den Kollegen vermeiden
- Kollegen, die weniger verdienen, könnten sich schlecht und minderwertig fühlen
- in einigen Firmen gelten Mitarbeiter, die über das Gehalt sprechen, als nicht vertrauenswürdig und professionell
- Angst vor Konsequenzen des Arbeitgebers aufgrund von Klauseln im Arbeitsvertrag
- Angst vor Neid und Missgunst unter Kollegen
- aus Schamgefühl
Die Gesetzeslage: das Entgelttransparenzgesetz
Im Juli 2017 trat das Entgelttransparenzgesetz in Kraft. Das Entgelttransparenzgesetz richtet sich vor allem an Frauen, denn es soll für eine gleiche Bezahlung von Männern und Frauen sorgen. Statistisch gesehen verdienen Frauen in der gleichen Position 18 Prozent weniger als männliche Arbeitnehmer. Dabei geht es beim Entgelttransparenzgesetz nicht darum, das genaue Gehalt eines Kollegen beim Arbeitgeber in Erfahrung zu bringen. Stattdessen erfahren Sie näheres zu den Gehaltsstrukturen und den Kriterien Ihres Arbeitgebers, wie dieser Ihr Gehalt zusammensetzt.
Aufgrund des Entgelttransparenzgesetzes haben Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern seit Anfang 2018 einen Anspruch auf diese Auskunft. Sobald eine vergleichsweise Tätigkeit von mindestens sechs anderen Mitarbeitern des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird, darf die Höhe des Gehaltes dieser Vergleichsgruppe erfragt werden. Für die Beantwortung kommt der entsprechende Mitarbeiter mit dem Arbeitgeber oder dem Betriebsrat zusammen. Überdies müssen laut dem Entgelttransparenzgesetz Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten regelmäßig ihre Entgeltstrukturen auf Entgeltgleichheit überprüfen und diese Berichte offenlegen.
Leider betrifft das Entgelttransparenzgesetz nur größere Betriebe. Auch das Vorhandensein von sechs Kollegen, des anderen Geschlechts, ist mitunter schwierig. Somit haben einige Arbeitnehmer keine Möglichkeit, mithilfe des Entgelttransparenzgesetzes in Erfahrung zu bringen, ob sie gerecht bezahlt werden. Sie können lediglich mit ihren Kollegen über das Gehalt sprechen.
Ist eine Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag wirksam?
Bei vielen Arbeitnehmern ist eine sogenannte Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag aufgeführt. Diese hat sogar einen gesetzlichen Hintergrund. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist ein Gesetz verankert, dass die Wahrung von Betriebsgeheimnissen regelt. Das Gesetz geht sogar so weit, dass in Bezug auf unlauteren Wettbewerb Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren möglich sind. Aber steht Ihr Gehalt in Bezug auf etwaige Betriebsgeheimnisse? Betriebsgeheimnisse sind so definiert, dass nur wenige Arbeitnehmer der Firma über diese Bescheid wissen und ein wirtschaftlicher Schaden entsteht, sofern diese nicht gewahrt werden. Wenn in Ihrem Arbeitsvertrag eine allgemeine Verschwiegenheitsklausel zur Wahrung der Geschäftsgeheimnisse aufgeführt ist, ist diese unwirksam. Ebenso sind genauer definierte Verschwiegenheitsklauseln in Bezug auf Ihr Gehalt in Ihrem Arbeitsvertrag nicht wirksam.
So hat das Landesgericht in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2009 eine solche Klausel, als Benachteiligung der Mitarbeiter eingestuft. Arbeitnehmern muss es gestattet sein, sich mit ihren Kollegen über das Gehalt auszutauschen, da sie ansonsten gar nicht in Erfahrung bringen könnten, ob sie gerecht bezahlt werden. Somit sind keine Sanktionen zu fürchten, wenn Sie sich mit Ihren Kollegen über Ihr Gehalt austauschen.
Drei Personengruppen dürfen nicht über das Gehalt sprechen
Allen Mitarbeitern der Personalabteilung und des Betriebsrates ist es verboten, über das Gehalt zu sprechen. Für diese Mitarbeiter gilt das Datenschutzgesetz. Ein Verstoß gegen dieses kann eine Freiheits- oder Geldstrafe nach sich ziehen. Eine weitere Gruppe sind Arbeitnehmer, deren Gehalt in den Wettbewerbsfaktor ihres Arbeitgebers mit einfließt. Auch diese Mitarbeiter dürfen nicht über das Gehalt sprechen, da sie damit die Wettbewerbsfähigkeit ihres Arbeitgebers gefährden. Für diese Arbeitnehmer gilt eine etwaige Verschwiegenheitsklausel in ihrem Arbeitsvertrag.
„Über Geld spricht man nicht!“ – typisch deutsch?
In vielen Ländern wird hingegen offen über das Gehalt gesprochen. Besonders stechen hier die nordeuropäischen Staaten hervor. Jedem Schweden ist es beispielsweise möglich, bei der Steuerbehörde Auskunft über die versteuerten Einnahmen von jedem anderen Schweden zu erlangen. Dadurch gibt es eine öffentliche Diskussion über die Gehälter. Diese führt mitunter dazu, dass sich die Gender-Pay-Gap und der Unterschied zwischen Gering- und Vielverdienern verringert. Genauso herrscht in Norwegen und Finnland Gehaltstransparenz. In diesen Ländern ist es normal, sich über das Gehalt zu unterhalten. In Island gibt es sogar ein Gesetz, das es Arbeitgebern verbietet, Frauen ein schlechteres Gehalt zu zahlen als Männern.
In den USA versehen viele Arbeitgeber Stellenangebote mit genauen Gehaltsangaben. Amerikaner sprechen mit ihren Kollegen offen über ihr Gehalt. Ganz im Sinne des amerikanischen Traums vom Tellerwäscher zu Millionär, denken die US-Amerikaner, dass wer viel arbeitet ein hohes Gehalt verdient hat. Da alle mit Fleiß etwas erreichen können, haben Neid und Missgunst in der amerikanischen Philosophie keinen Platz. In China ist es normal, dass aufgrund der unterschiedlichen Schichten auch unterschiedlich viel verdient wird. So reden die Chinesen offen über ihr Gehalt und sind auch nicht neidisch auf ihr gegenüber.
In Österreich muss jede Stellenausschreibung eine Gehaltsvorstellung seitens des Arbeitgebers enthalten. Zudem müssen alle zwei Jahre Einkommensberichte von größeren Arbeitgebern veröffentlicht werden. In der Schweiz gibt es hingegen eine Charta im öffentlichen Bereich, der sich Unternehmen freiwillig anschließen können. Diese setzt sich für eine gleiche Bezahlung bei gleicher Ausbildung und Berufserfahrung ein.